31/7 Samstag früh.― Gestern Nachm. am Peters gearbeitet.― Kneipe
mit Pepi M., Eugen, Jacques, Berger, Rudolf, Wilhelm, Flotow. Bei
Dreher in einer Weinschenke. Toaste, Dummheiten. Rudolf betrank
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sich wieder und der Pferdefuss einer gewissen ungezähmten Sinnlichkeit
zeigte sich durch das zerrissene Schuhleder seines Verstandes. Ich
toastirte auf Pepi M., in dem der Journalismus seine kühnsten Orgien
feire und wurde allgemeiner, ernster, sprach von den Zielen, den
Zwecken des Journalismus etc. Gerichtsverhandlung gegen Rudolf.
Der Humor Wilhelms mißfällt mir durchaus ― er ist völlig unnatürlich
und gezwungen; sein sehr liebenswürdiger Geist ist von Natur weit
mehr dazu angethan, sich gemächlich auf eine Bank zu strecken als
durch die verschlungenen Wege, die der Humor sein eigen nennt, zu
hüpfen. Er verzerrt Gesicht und Worte, aber alles weist nach einer
andern Richtung.― Jacques ist von der denkbar größten Monotonie
und streckt sich wie eine Axe aus zwischen den Polen rein materieller
ganz gemein sinnlicher Genüsse. Er ist ein Mensch, der sich durch das
Lächeln einer Courtisane angenehm berührt fühlen kann. Er ist im
Stande, zwanzig Mal in einer Viertelstunde die Thatsache zu
constatiren, dass er ein paar heiße Würstel essen möchte. Sein veget.
Nervensystem hat sich stark auf Kosten seines animalen entwickelt, und
beide stehn in einem so engen Zusammenhange, dass sie geradezu eins
zu sein scheinen. Er mag geistige Befriedigung empfinden, wenn er
drei Butterwecken verzehrt hat. Ein Wort, das ihm gefällt, spricht er
ein Dutzend Mal von neuem aus und fühlt sich nun wohl. Wer ihm
einen vergnügten Abend gewähren wollte, braucht ihm 3 Cigarren, 3
Rindsgolasch, 3 Biere, 3 Semmeln und eine ― zum Geschenk zu
machen und Jacques wird ihm drei Tage lang dankbar sein. Einiges
ist allerdings in ihm, das ihn manchmal aufraffen macht, aber er rafft
von Tag zu Tag ein kleineres Stück seines Selbst von dem
schmutzigen Boden auf, an den er sich allmählig gewöhnt. Er sollte sich
ändern, doch glaub’ ich, dass kein geistiger Vortheil von ihm zu
erwarten ist. Vor vierzehn Tagen ist ihm eingefallen, dass ihn Rosa
geliebt hat. Ihr ist es nie eingefallen. Er stützt sich auf zwei Worte
dieses gewöhnlichen Mädchens, die sie selber gewiss längst vergessen
und damals im Laufe des Gespräches gedankenlos ausgesprochen hat:
„Ihnen kommt keiner zuvor.“ Ich war dabei, als sie das sagte; sie
bezog es auf einen Sessel oder Fächer oder ein Tanzengagement ― sah
ihn dabei an, und der gute Jacques secirt nun diesen Blick, der zur
selben Zeit eben so gut auf einer Stecknadel hätte ruhen können, mit
außerordentlicher Consequenz. Er macht sich Vorwürfe, dass er Blick
und Wort nicht schon damals verstanden und benützt. Nur kann ich
mich erinnern, daß er schon damals seine Eitelkeit sehr befriedigt
fühlte. Er ist eine Natur sehr unbedeutender Art; doch hat er Herz
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und ein wenig Verstand; früher hab’ ich’s für mehr gehalten.―
Eugen wird in Gesellschaft, wie sich z. B. gestern eine
zusammenfand, leider manchmal roh. Sein Witz schwelgt in Gemeinheit und
streift sich schnell ab, so dass nur Gemeinheit übrig bleibt. Er geräth
über eine Kleinigkeit in Wuth und stört durch widerwärtiges
Schreien und Schimpfen alle Behaglichkeit. All das kann ich ihm
schwer verzeihen über der unanfechtbaren Thatsache, dass er auch
gesellschaftlich oft sehr gute Einfälle hat und in unsern Kreisen zu
amüsiren versteht.
Ein sehr lieber Mensch ist Flotow, gemütlich und von einer gewissen
Noblesse; er hat sehr viel Geld und das ist eine große Tugend, die
manche andre Tugend an Nützlichkeit überragt. Flot. ist übrigens
auch mit normalem Verstande begabt, ohne durch Aufleuchten besondrer
Fähigkeiten zu einer größern Aufmerksamkeit Anlass zu geben.―
Pepi M. hat sich sehr gebessert; er ist angenehmer, beinahe
gescheidter geworden als er war; ist übrigens wirklich ein
grundgescheiter, ganz begabter, oft amüsanter Mensch, den wir uns
eigentlich nach und nach präparirt haben.―
Wir gingen zum Schluss (11) ins Universum. Die Atmosphäre
solcher Locale, der Dunstkreis der übertünchten Gemeinheit behagt
mir nicht. Mich ekelts, die Menschheit als Waare zu sehn und wie sie
selbst sich recht behaglich dabei fühlt. Ich weiss nicht, ob ich eine
besonders feine Nase habe, aber wenn man mir verschiedene Gerüche
auftischte ― ich würde erkennen, auf welcher Schüssel man mir den
Geruch eines solchen Locals gebracht hätte. Ich kenne mich & weiss,
dass ich nicht das letzte Mal in solcher Luft, unter solchen Menschen
mich bewegt habe. Gehörige Reizungen und ein gewisser Rausch
schläfert manches ein, was gestern in mir wach war; ― ich kenne mich
und weiss, dass ich von Zeit zu Zeit auch da hinunter könnte und o
arme Sprache „genießen“. Wie herrlich ists Liebe um Liebe kaufen!
Aber die moderne Civilisation steht mit Idealen auf gespanntem
Fuße, und wenn auf eines, so passt auf unser Jahrhundert die
Bezeichnung „Jahrhundert der Kuppelei“. Und dasselbe Gezücht, das
mit Heiratsvermittlern liebäugelt und seine Töchter verkauft (seis
um Geld oder Namen oder was immer), hat die Dummheit oder
Frechheit, eine Ehebrecherin anzuklagen?
Abend. Ich machte bei R.s Abschiedsbesuch. Mit Fanny kein
Wort ungestört. Es öffnete sich die Thür; Jacques L. trat herein; wir
reichten uns die Hand; wir sprachen ― Fany war sehr schön und reizend.
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August